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Die Festnetzanbieter in Deutschland
Zum Jahresbeginn 1998 wurden
hierzulande die rechtlichen und technischen Voraussetzungen
geschaffen, um Telefongesellschaften mit neuen Tarif- und
Servicekonzepten den Markt zu eröffnen und Ihnen damit die
Wahlmöglichkeit zu bieten, den für Ihre jeweilige
Nutzungsart bzw. für die Tageszeit günstigsten Anbieter
auszuwählen, wenn Sie ein Gespräch führen möchten.
Wie dies im einzelnen funktioniert, erfahren Sie im folgenden.
Die Rufnummernkonzepte
Rufnummern, die neu vergeben
werden, sind schon seit einiger Zeit generell 11-stellig
(einschließlich der Ortsvorwahl mit 0). Ihre bisherige
Rufnummer mit Vorwahl und Ortsnetzkennzahl werden Sie
voraussichtlich zunächst behalten können. Seit 1998
gilt, dass Sie durch das Vorwegwählen der Servicekennzahl 010
bzw. 0100 sowie einer zweistelligen Anbieterkennzahl den von Ihnen
gewünschten Netzanbieter für das jeweilige
Telefongespräch auswählen können. Die ursprüngliche
Planung sieht vor, dass man hierzu nicht Kunde dieses
Netzanbieters sein muss; die Gesellschaften sollen untereinander
abrechnen, sodass Sie nur eine einzige Rechnung von dem
Netzbetreiber erhalten, von dem Sie Ihren Anschluss haben. Leider
zeigt sich schon sehr bald, dass sich längst nicht alle
Anbieter an dieses Verfahren halten, sondern stattdessen von Ihren
Kunden verlangen, dass diese sich vorher für den jeweiligen
Dienst anmelden und dann auch direkt an den Anbieter zahlen. Dies
trägt nicht gerade zur Transparenz des ohnehin schon
unübersichtlichen Marktes bei.
Technik und Servicekonzepte
Für die Nutzung der Angebote
gibt es prinzipiell folgende Möglichkeiten :
Direktanschluss Anschluss
direkt an das Telefonnetz des Betreibers. Anfänglich war
es den Anbietern nur auf diesem Wege möglich, auch
Ortsgespräche selbst abzuwickeln. Erfolgte der Zugang
dagegen über (ggf. vom Betreiber gemietete) Leitungen der
Deutschen Telekom, so galt hier auch weiterhin das Monopol der
Telekom für alle Gespräche, die ohne
eine Ortsvorwahl angewählt
wurden. Mittlerweile ist aber auch dieses Monopol gefallen
Preselection Voreinstellung
der Telefongesellschaft als bevorzugter Anbieter. Hierbei wird
in der Anschlusskonfiguration des Kunden die Netzkennzahl des
Betreibers als Grundeinstellung für alle Gespräche,
die mit
oder ggf. auch ohne eine Ortsvorwahl
angewählt
werden, eingetragen. Diese Voreinstellung kann man jedoch -
sofern der Netzanbieter dies zulässt, was jedoch nur auf
wenige (z.B. die Deutsche Telekom) zutrifft - für jedes
einzelne Gespräch durch Vorwählen einer anderen
Netzkennzahl überschreiben (siehe Call-by-call),
falls die Verbindung über einen anderen Anbieter erfolgen
soll
Call-by-call Fallweises
Auswählen eines Anbieters für das jeweilige
Gespräch. Hierzu wird einfach die Netzkennzahl des
Betreibers vor der eigentlichen Telefonnummer gewählt.
Bei vielen Anbietern muss man sich jedoch vorher als Kunde
registrieren lassen
Calling Card Fallweises
Auswählen eines Anbieters für das jeweilige
Gespräch, wobei dieses mittels einer Telefonkarte
und/oder
durch Angabe einer Service- bzw. Pin-Nummer abgerechnet wird.
Die Verbindung kann i.d.R. von einem beliebigen Anschluss aus
hergestellt werden
Einige
Firmen installieren bei ihren Kunden auch sogenannte Router.
Diese wählen bei jedem Gespräch automatisch eine im
Gerät voreingestellte Netzkennzahl (i.d.R. die des
Anbieters), sodass diese Zugangsart zwar nach dem
Call-by-call-Prinzip abläuft, dem Kunden aber wie beim
Preselection-Verfahren das Wählen der Netzkennzahl erspart.
Zusätzlich ist der Router meist so programmierbar, dass die
Verbindung automatisch über eine andere Netzkennzahl
aufgebaut wird, falls das Gespräch über den
voreingestellten Anbieter nicht zustande kommt. Eine
Erweiterung dieses Konzeptes stellen die LCR-Systeme (Least
Cost Routing)
dar. Diese wählen mittels eines Routers automatisch die
jeweils günstigste Gesellschaft für die Verbindung aus.
LCR-Systeme sind meist als Software realisiert, die auch
integraler Bestandteil einer digitalen Telefonanlage sein kann.
Die in den neunziger Jahren
eingeführte ISDN-Technologie wies neben einer wesentlich
besseren Sprachqualität auch die Eigenschaft auf, dass eine
für damalige Verhältnisse sehr schnelle Datenübertragung
von 64 kBit/s (bzw. 128 kBit/s bei Kanalbündelung) möglich
war. Dies führte zu ersten Ansätzen einer Verschmelzung
von Sprach- und Datendiensten. Mit den heute verfügbaren sehr
viel schnelleren Datennetzen ist diese Verschmelzung nun in vielen
Bereichen so weit vorangeschritten, dass die Sprachkommunikation
zunehmend über Datennetze abgewickelt wird. Inwieweit der
Kunde von dieser Entwicklung an seinem Teilnehmeranschluss etwas
bemerkt, hängt davon ab, welche Technologie einerseits bei
seinem Netzbetreiber und andererseits in seinen Endgeräten
zum Einsatz kommt. Im folgenden möchten wir Ihnen die hier
wesentlichen Unterschiede darlegen.
Voice over IP
(VoIP) Hierbei
werden die digitalisierten Sprachsignale in speziellen
Endgeräten bzw. in der entsprechend ausgerüsteten
Telefonanlage in Datenpakete zerteilt und dann mittels des
IP-Protokolls über eine Datenleitung (DSL) versendet. Die
Datenpakete werden beim Empfänger wieder zu
Sprachsignalen zusammengesetzt, wobei es zu Einbußen in
der Sprachqualität kommen kann.
Next Generation Network
(NGN) Die
IP-Telefonie hat generell mit dem Problem zu kämpfen,
dass der Weg, den die Datenpakete auf dem Weg zum Empfänger
nehmen, nicht vorherbestimmbar ist und keine ausreichende
Bandbreite garantiert wird. NGN soll durch Quality
of Service (QoS) eine
definierte Bandbreite für die Sprachübertragung über
die gesamte Übertragungsstrecke sicherstellen. Vor allem
aber stellt NGN eine Technologie dar, die eine gemeinsame
Netzinfrastruktur für alle Kommunikationsnetze
(Telefonie, Kabelfernsehen, Mobilfunk, Datenübertragung)
bilden soll. Derzeit wird NGN vorwiegend dazu eingesetzt, am
Teilnehmeranschluss einen ISDN-Anschluss zu simulieren, d.h.
ISDN-typische Leistungsmerkmale bereitzustellen, obwohl der
Anschluss eigentlich die VoIP-Technologie verwendet.
ISDN over IP Bei
diesem von der Firma Agfeo entwickelten Verfahren wird zur
Übertragung im Unterschied zu NGN nicht das IP-Protokoll,
sondern das ISDN-Protokoll DSS1 verwendet. Zwar erfolgt auch
hier die Übertragung über das Internet, jedoch wird
dabei gewissermaßen eine vollwertige ISDN-Leitung
simuliert (einschließlich des Datenkanals, was bei NGN
normalerweise nicht der Fall ist). Dies hat den Vorteil, das
herkömmliche ISDN-Endgeräte eingesetzt werden
können.
Welche dieser Technologien an ihrem
Anschluss eingesetzt wird, erfahren Sie von ihrem Netzbetreiber.
Qualitativ kann sich ein IP-basierter Teilnehmeranschluss von
einem echten ISDN-Anschluss unterscheiden; im Zweifel ist ISDN die
bessere Wahl. Auch rechtlich kann es Unterschiede geben: ein
leitungsvermitteltes Telefonat (echtes ISDN) unterliegt in jedem
Fall der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung, für deren
Einhaltung der Netzbetreiber verantwortlich ist. Bei
IP-vermittelten Gesprächen ist dagegen umstrittenen, ob diese
Verordnung gilt. Dies ist vor allem dann zu beachten, wenn auf
strenge Vertraulichkeit zu achten ist (z.B. bei Ärzten,
Seelsorgern).
Technische Probleme
Mit der Wahlmöglichkeit des
günstigsten Anbieters insbesondere durch das Wählen der
entsprechenden Netzkennzahl (Call-by-call) entstanden technische
Eigenheiten, die einige Probleme aufwarfen. Insbesondere der
Umstand, dass die Gebühreninformationen der neuen Anbieter
aufgrund der individuell andersartigen Abrechnungsformen nicht
über das Netz der Telekom übertragbar sind, führte
zu vielfältigen Problemen. So werden z.B. die über
andere Telefongesellschaften geführten Gespräche von
vielen Gebührenerfassungssystemen nicht mehr registriert,
sodass einige Hotels oder auch Büro- und Wohngemeinschaften
die anfallenden Gebühren ihren Nutzern nicht mehr korrekt
zuordnen und in Rechnung stellen konnten. Abhilfe ist in vielen
Fällen nur dadurch möglich, dass die Wahl einer
Netzkennzahl durch technische Maßnahmen unterbunden wird.
Dies kann zumeist durch eine entsprechende Konfigurationsänderung
der Telefonanlage oder auch durch eine netzseitige Sperre, wie sie
die Telekom zu diesem Zweck anbietet, geschehen. Nachteilig für
die Nutzer ist dann, dass diese nicht von evtl. günstigeren
Tarifen anderer Anbieter profitieren können. Ein weiteres
Problem stellt sich bei der Nutzung von Leistungsmerkmalen, die
nur von der Telekom bzw. nicht von allen Konkurrenzanbietern
angeboten werden, wie z.B. Rückruf bei Besetzt oder
die Rufnummernunterdrückung. Das Auslösen dieser
Funktionen kann zur Folge haben, dass das nachfolgende Gespräch
über die Telekom geschaltet wird, obwohl die Vermittlung
eigentlich über eine andere Gesellschaft erfolgen sollte. Des
weiteren haben vor allem in der Anfangsphase Kapazitätsengpässe
oft verhindert, dass ein Gespräch zustande kam. Mittlerweile
hat sich die Lage jedoch weitgehend entspannt. Wer allerdings den
gänzlichen Anschlusswechsel zu einem der neuen Netzanbieter
plant, sollte sich vergewissern, dass dieser die benötigte
Leitungskapazität - auch für eingehende Gespräche -
bereitstellen kann.
Die Tarifkonzepte
Die
Tarifstrukturen der Anbieter sind sehr vielfältig und ändern
sich häufig innerhalb kurzer Zeiträume. Wir empfehlen
daher, erst einmal die Angebote und Vertragsbedingungen der
verschiedenen Gesellschaften zu sichten und insbesondere
langfristige Bindungen an einen Diensteanbieter nur dann
einzugehen, wenn sich klare Vorteile auch für die Zukunft
absehen lassen. Als Alternative empfiehlt sich bis dahin auch die
Nutzung der Call-by-call-Angebote. Man sollte sich anhand der
Einzelverbindungsübersicht, die jeder Telefonkunde jeweils
mit seiner monatlichen Telefonrechnung erhalten kann, genau das
eigene Telefonverhalten ansehen und insbesondere darauf achten,
welchen Anteil dabei die Gespräche haben, die nicht durch
eine evtl. angebotene Flatrate abgedeckt werden (z.B. solche zu
Mobilfunk- und Auslandsanschlüssen). Ein Auge muss man
auch auf besondere Tarifmerkmale wie Mindestumsätze oder
Abrechnungseinheiten werfen, da sich dahinter oft zusätzliche
Gesprächskosten verbergen, die eine vermeintliche Einsparung
wieder zunichte machen könnten. Viele
Telefongesellschaften offerieren auch Rabatte für
Vieltelefonierer oder Kombinationsangebote für
Internet-Nutzer etc.; man sollte also nach solchen Paketlösungen
fragen, um ggf. von günstigen Konditionen profitieren zu
können. Zu beachten ist dabei, dass u.U. bei einem
Internet-Telefonie-Kombianschluss kein echter Telefonanschluss
mehr geschaltet wird (siehe IP-Telefonie).
Sozialtarife
Sozial
Bedürftige erhalten bei der Deutschen Telekom einen
Sondertarif für ISDN-Anschlüsse. Anders als beim
analogen T-Net, wo die Telekom eine ermäßigte
Grundgebühr gewährt, erhalten Bürger mit geringem
Einkommen 130, Schwerstbehinderte 164 Freieinheiten im Monat für
ihre Telefonate im nationalen Festnetz. Zu beachten ist jedoch,
dass dies nur dann gilt, wenn der Teilnehmeranschluss auf das Netz
der Deutschen Telekom eingestellt ist (Preselection)
und monatlich entsprechend viele Einheiten bei Gesprächen
über die DTAG abgerechnet werden. Außerdem gibt es auch
bei der DTAG Tarifmodelle, die den Sozialtarif ausschließen,
wie z.B. Flatrates.
Die Telefongesellschaften
Eine
Übersicht der Telefongesellschaften finden Sie z.B. auf den
Seiten der Bundesnetzagentur,
die früher Regulierungsbehörde
für Telekommunikation und Post (RegTP)
hieß,
unter dem Menüpunkt "Regulierung Telekommunikation /
Meldepflicht / Verzeichnis der Unternehmen". Einige Firmen
bieten übrigens schon länger Anschlüsse zur
geschäftlichen Nutzung an, denn in diesem Bereich sind schon
seit einiger Zeit auch private Anbieter zugelassen, wenn auch
unter eingeschränkten Bedingungen.
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